Sonntag, 18. November 2012

Die erste Novembertour, im Westen was Neues

Ich werde wach, 11 Uhr? Verdammt, Vereinbart war 12 Uhr an der Trinkhalle in der Holbeinstraße. Verschiebung auf ein Uhr, ich lege noch eine Viertel Stunde drauf, „sorry Hubert, mir ist was dazwischen gekommen.“
Der Chef an der Trinkhalle Holbeinstraße arbeitet am Wochenende nicht mehr. Seit kurzem ist er verheiratet, von mir Herzlichen Glückwunsch! Die Verwandtschaft arbeitet hinterm Tresen. Samstag Mittag ist man unter sich. Wir tauschen Huberts Trinkhallenpostkarten gegen Informationen des Thekenpersonals. Fußballfans fragen nach dem Weg zum Stadion, kombiniere, es waren die Gäste, heute kommen sie aus Augsburg zur Eintracht. Am Ende des Tages wussten wir, glücklich sind sie nicht nach Hausse gefahren, Glückwunsch Eintracht.
Nach ereignisreichen dreißig Minuten fahren wir nach Schwanheim. Vor zehn Jahren gab es dort sieben Häuschen.
Werkha Mebrathom versorgt seit 2010 das Viertel mit bedrucktem Papier, Rauchwaren und Hopfengetränken. „Dienstag mache ich keine Mittagspause, da haben die anderen zu, da habe ich auf.“ Der aus Eritrea kommende kennt sich aus. „70.000 Euro wollten sie für den Kiosk in XXX haben, 70.000 Euro!“ „Vier Red Bull und zwei gemischte Tüten – mach mir noch mal zwei gemischte Tüten.“ „Schwarzbachstraße braucht ihr gar nicht erst lang fahren, da gibt’s kein Kiosk mehr, da an der Endstation der 12, die eine Trinkhalle wurde abgerissen, die im Stationsgebäude – zu. Offen hat nur der Kiosk gegenüber und dann noch der in der Nähe von der ESSO, immer am Wald lang. Die anderen Trinkhallen: Schlaganfall – zu, Besitzer wurde alt, kein Nachfolger zu!“

Trinkhalle in der Geisenheimer Straße

„Hey how do you do?“ - „Fine.“ Ein Amerikaner hält eine Ansprache im Frankfurter Amerikanisch-Deutsch: When die Einträcht heute veliierrt, dänn iss däs daine Schuldt.“ Der Zeigefinger deutet auf mich.
„Hubert, wir fahren jetzt am Wald lang.“ Die Trinkhalle an der Esso finden wir nicht. Gegenüber der Endhaltestelle steht ein kleiner Laden, es ist die zweite Trinkhalle in Schwanheim. Am Fenster kleben Zettel „Der Verzehr von alkoholischen Getränken ist verboten.“
Innen preist der Sohn des Betreibers Gummibärchentüten aus. Seit zehn Jahren stehen sie hier, gegenüber am Stationsgebäude der Linie 12 haben bisher fünf Pächter ihr Glück versucht. Auch derzeit sind dort die Jalousien unten, leere Bierflaschen stehen auf dem Tresen. Schräg gegenüber, max. 50 Meter entfernt stand einst Jösts Rundbau, Gras wächst dort heute. Drei Trinkhallen auf einer Fläche eines Handballfeldes.

Der Kiosk gegenüber der Endhaltestelle in Schwanheim, Foto Gloss

Fazit des Tages: Von sieben im Jahr 2002 bestehenden Trinkhallen in Schwanheim finden wir noch eine Trinkhalle mit Stehkundschaft wieder. Im Seppchen gibt es Schweinebraten für 6,90 Euro, im Hinterzimmer laufen auf einer Leinwand die Eintrachtspieler, sie schicken die Augsburger viermal zum Anstoßkreis. 

Trinkhalle Werkha Mebrathom, Geisenheimer Str. 39, Mo + Mi - Fr: 7-13.30 und 15 - 21:30 Uhr, Di 7-21.30 Uhr, Sa/So 8-21:30 Uhr
Kiosk Dalgic, Rheinlandstr. 72, Mo-Fr 6-20.30 Uhr, Sa/So 7-20 Uhr

Mittwoch, 14. November 2012

Trinkhalle Peterstraße - die No. 1

Die Nummer 1. Es ist noch nicht allzu lange her, da konnte es jeder vorbei Laufende sehen, das Schild der No.1. Für die Firma Jöst, die zu Beginn des 20 Jahrhunderts in Frankfurt neben der Firma Krome ein Trinkhallenimperium aufbaute, war diese Hütte die Nummer 1, die Erste. Heute dürfte sie die letzte freistehende Hütte im Innenstadtring, den ehemaligen Wallanlagen sein, eine sehr schöne Lage.
Heute, an einem Samstag beginnt unsere Tour an dieser Hütte. Die Laufkundschaft läuft, läuft, läuft und läuft viel zu häufig nur vorbei. Ich unterstelle, es sind Nordendler, studiert, angestellt und jetzt auf dem Weg zum Erzeugermarkt auf der Konstabler, um sich mit frischem Gemüse aus der Region zu versorgen. Regional produzierte Hopfengetränke an der Trinkhalle stehen nicht auf der Einkaufsliste, Zigaretten ebenso wenig wie die Bild. 


In der Kraftfahrzeugwerkstatt gegenüber liegen die Reifen nur noch zur Dekoration, ich erwarte dort früher oder später die Gastronomie mit langen Öffnungszeiten. Arbeiter finden sich in dieser Stadtgegend kaum.
Der erste Stammkunde greift zur Apfelsaftschorle, ja meine Herren was ist denn hier heute los? Kann man denn noch nicht mal seinen Vorurteilen frönen, die einzigen, die hier Gerstensaft trinken sind wir!
In tiefer Nostalgie erinnere ich mich und fasse mal das mir bekannte Schicksal der Trinkbuden im Alleering (nicht zu verwechseln mit dem Innenstadtring) zusammen:
Trinkalle der kürzlich verstorbenen Anna Hoff (Wittelsbacher Allee / Saalburgstraße), das Ding läuft wie ein VW Käfer, es läuft und... wir fahren die Wittelsbacher runter, rechts in die Habsburger, und an der Ecke Rothschild- Rohrbachstraße sah man bis vor kurzem noch Trinkhallenreste als Hähnchengrill verkleidet. Jetzt wächst dort Gras. Wir fahren weiter und landen in der Nibelungenallee gegenüber dem Bürgerhospital. An dieser Trinkhalle wurde ganz originell das Verkaufsfenster zugemauert. Zwischendurch passierten wir noch das Häuschen am ehemaligen Shell-Hochhaus (heute das BCN-Gebäude der FH). Aber an diese Hütte kann sich nun wirklich kein Mensch mehr erinnern, ich kenne es von einem Foto. Letzte Station unserer kleinen Trinkhallen-Friedhofstour ist die Hütte schräg gegenüber des heutigen Polizeipräsidiums. Dort hatte man sich schon in den 1980er Jahren auf den Bier- und Tabakverkauf spezialisiert und eine entsprechend interessierte Kundschaft angesprochen, beides gibt’s dort nicht mehr.
Na dann gehen wir halt auf den Erzeugermarkt und essen Handkäs.

Die No. 1, Peterstr. 4-6, Öffnungszeiten täglich zwischen 10 und 21:30 Uhr