Die Trinkhalle steht unmittelbar neben
einem Wahrzeichen Eschersheims, dem Lindenbaum. Eine U-Bahnstation
heißt wie der Baum, auch die Trinkhalle trägt den Namen des Baumes
der weit über 100 Mal in seinem Leben diese kleinen Propellerfrüchte
über die Straßen verteilte. Seit 1996 betreibt Murat die
Trinkhalle. Er setzt damit eine kleine Familiendynastie fort, sein
Vater ist Pächter einer legendären Trinkstube in der Julius Brecht
Straße. In der dortigen Nähe sah ein Freund von mir einen Hund aus
einem Hochhaus auf die Straße fliegen,. In jener Gegend, in jener
Stube sind härtere Bandagen gefragt, aber man lernt das Geschäft.
„Ich sag dir mal, was Du schreiben
sollst: In jedem Kochbuch steht «Man nehme».“ In der rechten Hand
hält er, ein Gast, dabei Produkte des traditionellen Kioskgewerbes.
„Ja der alte Chef, der Mozzi, Gino Mozzi, der hatte einen 500er
Fiat, mit dem isser dann jeden Sommer bis nach Italien. Irgendwann
hat er sich ne Limousine gekauft, ein Jetta. Für den war das ne
Limousine, der war ja nur so“, die Handkante stoppt auf Höhe
seiner Brust.
Ich interessiere mich sichtlich für
seine Fahrradlackierung, die mich an die Frisur von Rudi Völler
erinnert. „Wie die Lackierung auf meinen Fahrradrahmen entstanden
ist? Ganz einfach, meine Haare wurden über den Rahmen gelegt und
pffff.“ Dabei gestaltet er pantomimisch eine Spraydose. „Der
Sattel, du glaubst ja nicht wo der her ist, weißt Du wo der her ist,
ach erzähl doch nix. Soll ich dir mal sagen, wo ich letztes Jahr
war: Vogesen, von 1200m auf 400m bin ich mit der gebrochenen Felge
gefahren, immer runter und das mit dem Anhänger, 25 Kilo. Und die
Felge, mit Gewebeband hab ich die geklebt und das mit Anhänger.“
Nicht immer steht der Chef persönlich hinterm Tresen |
Die Trinkhalle müsste aus den 1970ern
sein, eckig, mit gelbweißen Fließen. Ein Wetterschutz schützt bis
zu sechs sitzende Gäste. Dass der verbretterte Windschutz dabei den
Eindruck einer zu groß geratenen Gesichtsmaske „zwei Fenster,
alles dicht“ stört nicht. Die von Regen und Wind gegerbten
philosophieren „So eine Tour, mit dem Fahrrad an die Trinkhalle,
das sollte man unter medizinischen Gesichtspunkten planen.“ Um die
Gemütlichkeit der Runde zu vertiefen einigen wir uns auf den
Eschersheimer Shantychor als Verwalter der kulturellen
Eigentums.“Auch in Rostock waren wir!“ Das war doch mal ein
netter Ausklang na dann „machts gut, geht mit Gott oder geht mit
Aristoteles.“
Trinkhalle am Lindenbaum, Eschersheimer Landstraße 482