Mittwoch, 14. November 2012

Trinkhalle Peterstraße - die No. 1

Die Nummer 1. Es ist noch nicht allzu lange her, da konnte es jeder vorbei Laufende sehen, das Schild der No.1. Für die Firma Jöst, die zu Beginn des 20 Jahrhunderts in Frankfurt neben der Firma Krome ein Trinkhallenimperium aufbaute, war diese Hütte die Nummer 1, die Erste. Heute dürfte sie die letzte freistehende Hütte im Innenstadtring, den ehemaligen Wallanlagen sein, eine sehr schöne Lage.
Heute, an einem Samstag beginnt unsere Tour an dieser Hütte. Die Laufkundschaft läuft, läuft, läuft und läuft viel zu häufig nur vorbei. Ich unterstelle, es sind Nordendler, studiert, angestellt und jetzt auf dem Weg zum Erzeugermarkt auf der Konstabler, um sich mit frischem Gemüse aus der Region zu versorgen. Regional produzierte Hopfengetränke an der Trinkhalle stehen nicht auf der Einkaufsliste, Zigaretten ebenso wenig wie die Bild. 


In der Kraftfahrzeugwerkstatt gegenüber liegen die Reifen nur noch zur Dekoration, ich erwarte dort früher oder später die Gastronomie mit langen Öffnungszeiten. Arbeiter finden sich in dieser Stadtgegend kaum.
Der erste Stammkunde greift zur Apfelsaftschorle, ja meine Herren was ist denn hier heute los? Kann man denn noch nicht mal seinen Vorurteilen frönen, die einzigen, die hier Gerstensaft trinken sind wir!
In tiefer Nostalgie erinnere ich mich und fasse mal das mir bekannte Schicksal der Trinkbuden im Alleering (nicht zu verwechseln mit dem Innenstadtring) zusammen:
Trinkalle der kürzlich verstorbenen Anna Hoff (Wittelsbacher Allee / Saalburgstraße), das Ding läuft wie ein VW Käfer, es läuft und... wir fahren die Wittelsbacher runter, rechts in die Habsburger, und an der Ecke Rothschild- Rohrbachstraße sah man bis vor kurzem noch Trinkhallenreste als Hähnchengrill verkleidet. Jetzt wächst dort Gras. Wir fahren weiter und landen in der Nibelungenallee gegenüber dem Bürgerhospital. An dieser Trinkhalle wurde ganz originell das Verkaufsfenster zugemauert. Zwischendurch passierten wir noch das Häuschen am ehemaligen Shell-Hochhaus (heute das BCN-Gebäude der FH). Aber an diese Hütte kann sich nun wirklich kein Mensch mehr erinnern, ich kenne es von einem Foto. Letzte Station unserer kleinen Trinkhallen-Friedhofstour ist die Hütte schräg gegenüber des heutigen Polizeipräsidiums. Dort hatte man sich schon in den 1980er Jahren auf den Bier- und Tabakverkauf spezialisiert und eine entsprechend interessierte Kundschaft angesprochen, beides gibt’s dort nicht mehr.
Na dann gehen wir halt auf den Erzeugermarkt und essen Handkäs.

Die No. 1, Peterstr. 4-6, Öffnungszeiten täglich zwischen 10 und 21:30 Uhr

Samstag, 20. Oktober 2012

Ein Hinweis auf eine Ausstellung

Hubert Gloss' Fototserie zu Frankfurter Wasserhäuschen ist noch bis Februar 2013 im Frankfurter Hof zu sehen. Anbei der Flyer zur Ausstellung...

Homburger Hof, Engelthaler Str. 13

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Wir trauern

Bornheim - Anna Hoff, "Mutter" von Heidruns Trinkstübchen ist im Alter von 92 Jahren gestorben und wird wunschgemäß in einer Seebestattung im Kreise ihrer Familie in den nächsten Wochen still beigesetzt. Die Ostsee bei Travemünde wird die letzte Ruhestätte von der von vielen geliebten "Mutsch", der "Grande Dame von Bornheim" sein. Die Seniorenzeitschrift, aber auch das HR-Fernsehen würdigten zu Lebzeiten das "große warme Herz" der im Sudetenland geborenen Frau. (Hubert Gloss)

Anna Hoff blieb bis zum Schluss ihrer Trinkhalle und ihren Kunden treu.

Sonntag, 9. September 2012

Die VhS Tour wird geplant

Treffpunkt Peterstraße, fast auf die Minute kommen Hubert und ich am Tresen zusammen. Um diese Uhrzeit trinken wir koffeinhaltiges. Das Licht ist gerade genauso blendend, dass Hubert die Kameratechnik auf das Häuschen richtet. An der Peterstraße steht Jösts Nummer 1. Heute betreibt ein Grieche diese Hütte, ein Basilikum schmückt die Theke. Von dieser Trinkhalle wird am 15. September 2012 die in Zusammenarbeit mit der VhS organisierte Trinkhallentour durch Frankfurt beginnen. Heute wird geplant, organisiert, kurzum Vorrecherche betrieben.

Im Hintergrund die Trinkhalle an der Peterstraße

Zweite Station ist eine wieder schön hergerichte Hütte im Westend. Adnan Mujkic betreibt sie mit seiner Frau. Funk und Fernsehen haben schon über sie berichtet. Entsprechend der Lage sind zahlreiche seiner Kunden Büroangestellte der Umgebung. Besonders mittags kommen sie auf eine Wurst und Getränke vorbei. Im Winter wird er jeden Tag eine frische Suppe anbieten, jeden Tag eine andere, immer frisch. Bereits sein Stiefvater betrieb eine Trinkhalle, jene an der Praunheimer Brücke, die Anfang Juli 2012 nach kurzer Schließzeit wierder eröffnete.
Am Samstag ist es dort recht ruhig, ensprechend schließt Adnan heute bereits 13 Uhr. Dafür gibt es an diesem Kiosk frische Brötchen, diese gibt es auch an den anderen Tagen der Woche. Heute debattiere ich mit einem Spanier, er dürfte sich an dieser Hütte besonders heimisch fühlen. Warum? Nun, ein Olivenbaum wurde gepflanzt, in den Blumenkästen vor der Trinkhalle.

Adnans Jöst Kiosk in der Eysseneckstraße
Weiter zur Knochenbar, in Ginnheim an der Grenze zu Bockenheim. Dort wird getagt, seit kurzem zwei Fraktionen. Seit Bilal seine nahe gelegene Trinkhalle vor wenigen Monaten zuschloss, lassen sich seine Stammkunden nun hier ihr Bier öffnen. "Da mach ich gleich mal mein Geldbeutel leer, da habe ich auch keine Gewichtsprobleme" so der selbst ernannte Bauch von Ginnheim. Ja, Bilal, die Stadt wollte dort sein aufgestelltes Dixi nicht mehr sehen. Entsprechend durfte er dann nicht mehr an Stehbiertrinker verkaufen. Der Verkauf lohnte nicht mehr, Bilal schloss und will in Kürze eine Kneipe in Höchst eröffnen. Seitdem haben sich drei potenzielle Pächter die Trinkhalle angeschaut, betreiben will sie noch keiner. Angeblich gibt es dort noch Probleme mit dem Wasseranschluss, Bilals Vorgänger, so einer der Gäste hatte kein Verständnis für die Rechnung der Wasserwerker.
Über ein weiteres schickes Kiosk, auch dieses ist mit neuer Coca Cola Werbung ausgestattet, übernimmt bald dieser Brausehersteller die Häuschen??? gehts zum Kurfürstenplatz.
Das Dixi ist wieder da! Annette von der Stadtteilinitiative hat sich für Dimi beim Ortsbeiratsmitglied, vielleicht sogar dem Vorsitzenden Herrn Kaufmann eingestezt. Es war ein zäher Kampf, die Lokalzeitungen waren dabei, jetzt steht es wieder das Dixi. Jetzt kann das "Bindingkontrastmittel" wieder abgebaut werden. Jetzt will Dimi noch Boulekugeln zur Ausleihe ins Sortiment aufnehmen.Viel Glück!

Dimi hat jetzt wieder ein Dixi


VhS - Kurs findet statt am 15. September 2012. Anmeldung über die VhS, Kosten 10 Euro.

Sonntag, 2. September 2012

25 Jahre Trinkhalle am Ziehgraben

An der Praunheimer Brücke wurde am 2.9.2012 gefeiert. Gefeiert wurde nicht nur das 25jährige Bestehen der Trinkhalle am Ziehgraben. Es gab noch mehr Gründe zu feiern. Offiziell so richtig eröffnet hat jetzt auch wieder die Trinkhalle an der Praunheimer Brücke. Anfang 2012 schloss dieses Sahnestück unter den Frankfurter Trinkhallen. Der Betreiber kam unter die Räder eines Autos, ein tödlicher Unfall.
Mehrere Monate stand sie nun, Einbrecher fanden achtmal den Weg in die Vorratskammern dieses Häuschens. Mit der Abstandszahlung an die sich nicht immer einigen Erben wurden leere Regalbretter ausbezahlt. Anschließend wurde aufgeräumt.
Der Sohn der Trinkhallenbetreiberin vom Ziehgraben Daniel Ihl eröffnete bereits Anfang Juli 2012. Entsteht hier eine Trinkhallenfamiliendynastie? Schon möglich, dazu gehört auch morgens 4 Uhr aufzustehen, Brötchen zu backen und zu belegen. Ab 7 Uhr werden diese dann an die ersten Gäste verkauft. In Praunheim gibt es sogar kleine Tische, fast ein Bistro!
Zurück zur Party: "Noch in hunderttausend Jahren wirst Du meine Liebe spüren" ötzt der DJ für ganz Praunheim. Am Tresen fließt das Bier in die Glaskrüge der Gäste und des ShantyChors. Dort singt Hubert den John Kanaka "we'll work tomorrow but not today". Morgens standen sie noch in voller Seemansausstattung, ich glaube auf der Nidda auf einem der Boot der Feuerwehr. Fotos für den Stadtteilkalender Eschersheim wurden benötigt.
Für die Feier war das Künstleraufegbot international! Eine Sängerin aus Ghana sang ohne Instrumentenbegleitung, diese brauchte sie auch nicht. Leider habe ich Ihren Namen vergessen. Ich erinnere mich an ihr rotes Kleid und an ihre roten Schuhe. Diese waren höher als mancher Rock lang.
Ein Musikchorps machte Tschingderassasa. Ein Friseur frisierte, Bratwürste wurden gegrillt, es gab Kuchen.
Nun ist die Trinkhalle offiziell eröffnet. An die Praunheimer Brücke kommt man am besten längs der Nidda, zum Beispiel mit dem Fahhrad. Prost!

An der Praunheimer Brücke wurde auch frisiert

Sonntag, 19. August 2012

Begegnungen, erst im Westen, dann im Osten


Was war denn an diesem Wochenende an der Tillystraße, Im Grünen Winkel, am Güterplatz oder im Ostpark los? Es hagelte Überraschungen, dieses Mal eher negative, aber der Reihe nach.
Trinkhalle Tillystraße, wir befinden uns an einer dieser Legenden in Frankfurt. Alle, die behaupten, die Tillystraße befindet sich in Höchst, von wegen Nidda als Grenze, Leute Ihr irrt, glaubt den „locals“ am Kiosk, sie wissen Bescheid. Die Tillystraße ist in Nied.
Treff 14:30 Uhr. Hubert lässt mich etwas warten, er kommt vom Vereinsfest der kleinen Gärtner in Eschersheim. Die Presse wartet schon, nur auf uns. Und die Presse hat keine Zeit, nächster Termin für sie 15:30 in Eschborn: „Trinkhallen gibt es mmer weniger, ja viel Arbeit mit dem Quartett, aja fürs Höchster Kreisblatt, nur für Höchst? Also ja Diplomarbeit und hier der Blog, unbedingt rein in den Artikel...“ „Könnt Ihr mal das Maßband halten?“ So jetzt und Kamera, knips-knips-knips-knips-knips-knips-knips-knips-knips-knips 50 Bilder in der Sekunde. Das hätten wir geschafft. Die Presse schreibt jetzt alles auf.

Trinkhalle an der Tillystraße
 „Das Kiosk in der Birminghamstraße ist abgebrannt. Könnt Ihr mir sagen, wer so was macht?“ „Tja wer macht so was bloß“ „Ich habe da so ne Geschichte gehört.... – die machen die Trinkhalle auch nicht wieder auf. Wisst Ihr wer das war?“ Wir befürchten in den Kreis der Tatverdächtigen aufgenommen zu werden. „Wir sind doch für die Kioske!“ „Birmingamstraße, die ist abgebrannt – was sind das bloß für Leute?“ „Ist das die Trinkhalle, die so ein bisschen versteckt im Grünen ist?“ „Wisst Ihr wieso Leute die Kioske abbrennen?“
„Hubert, wir fahren in die Eisenbahnersiedlung – Kiosk im Grünen Winkel“ Fahrradreifen platt – Schiebung! Da hilft auch kein E-Bike. Wir schieben in den grünen Winkel. An der Oeserstraße steht das Schild mit dem Pfeil zum Kiosk Im Grünen Winkel, das Schild steht noch, die Wasserhütte auch, aber sie steht leer, seit fünf Jahren. Der Pachtvertrag lief aus, der Pächter hat nicht verlängert, das Häuschen ist geschlossen, so einfach ist das manchmal. So richtig vermissen die Anwohner die Trinkhalle nicht. Ein Hausmeisterbüro soll dort nun einziehen. Ein Anwohner spendet Huberts Fahrrad Luft, mal gucken wie weit wir kommen.

Das zukünftige Hausmeisterbüro in Nied?

Früher hieß der Güterplatz Güterplatz, weil nebenan Güter am Güterbahnhof verladen wurden. Heute beginnt dort die Europaallee. Die Trinkhalle, ein klassischer Jöst-Rundbau, die sich vor Jahren in eine Kneipe verwandelte, wurde vor wenigen Wochen eingerissen, ohne Bürgerinitiative. Irgendwann wird dort sicher ein Neubau entstehen, fünf Stockwerke plus x, halt was größeres.

Die Trinkhalle am Güterplatz 1993, Foto Gloss aus seinem riesigen Archiv

Reste der Trinkhalle am Güterplatz, 2012
 Was geht denn so im Osten? „Ja, auf jeden Fall feiert die Trinkhalle am Franziusplatz heute ihren 100. Geburtstag.“ Anbei HAPPY BIRTHDAY!!! Der Franziusplatz ist direkt hinter der Honsellbrücke, die es eigentlich zurzeit nicht gibt, den Franziusplatz gibt es aber noch. Also in den Osten der Stadt. Am Häuschen wird heute nicht gefeiert. Geöffnet ist es von Montag bis Freitag, ich glaube von 5:45 – 14 Uhr. Mittlerweile ist es ein Imbiss, ich vermute für im HafenArbeiter oder LKW-Fahrer.

Der Imbissam Franziusplatz
Ostpark, es ist heiß. Am Häuschen steht ein Grill, formidable Idee, am Tisch nebenan sitzt der Stammtisch. „Oh der Italienischstammtisch tagt, zwei Pommes, einmal rot, einmal weiß.“ „Italienisch? – bei uns kommt jeder.“ Aha ein offenes Tagungshotel.
Die Pommes sind wie sie sein müssen, sie sind geriffelt, leicht fettig, kross, mit Paprikasalz, sie sind großartig und das Beste was man bei 30 Grad im Schatten bekommen kann. Was mich enttäuscht: Einer der Tagungsgäste geht mit seiner geballten Hand das Gesicht seines Nachbarn besuchen, dieser liegt gleich am Boden, der andere holt noch mal Schwung mit seinem Fuß. Jetzt greift ein Tagungsgast ein. Der Wirt macht wenig. Für mich wäre an der Stelle ein Feldverweis angezeigt gewesen. Die Geschichte trübt die wirklich guten Pommes.

Im Ostpark wird überall gegrillt

Dienstag, 14. August 2012

Ackermannstraße


In den 1970er Jahren, vielleicht auch früher, standen gegenüber zwei Wasserhäuschen, vielleicht eine für die lokale Bevölkerung und eine für die Früh-, Spät- und Nachtschicht der Telenormawerker. Wer weiß schon wie das mal war.
Telenorma steht für Telephonbau und Normalzeit, das Logo ist ein ineinander geschriebenes T und N. An manchen Bahnhofsuhren sieht man es noch. Wie auch immer, Telenorma ging, eine Trinkhalle blieb und mit ihr die Chefin, die gerade Zigaretten von der Straße fegt: „Mir schpresche hier nur frankfodderisch und nur auf Wunsch aach e mal deutsch.“ Die Zigarettenstummel auf der Schaufel und werden dem Gast angeboten: „Willstes in die Tasch?“ Mit der Wasserhäuschenkultur nimmt man es in der Ackermannstraße sehr genau: „Aan Imbiss is kei Trinkhall, es gab Trinkhallen, es gab Wasserhäuschen, aber aan Imbiss iss kei Trinkhall.“
Auftritt eines Malers. Sein Gang führt ihn von der Baustelle direkt ans Häuschen, sein Äußeres hat er für diesen Gang noch nicht restauriert. Sein Blick aufs Wasserhäuschen gleicht dem Blick in eine Wundertüte. Zum ersten Mal steht er am Tresen, er kommt aus Leipzig, ist auf Montage in Frankfurt und der Bauleiter hat ihn gerade frei gestellt. Jetzt braucht der Maler Medizin. Die gibt’s am Wasserhäuschen, wohl bekomms.

Ackermannstr. 2, Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 9-21 Uhr

Ehemaliges Wasserhäuschen in der Ackermannstraße, die Originalpostkarte hängt im neuen Kiosk in der Ackermannstraße