Dienstag, 15. April 2014

Trinkhalle am Lindenbaum

Die Trinkhalle steht unmittelbar neben einem Wahrzeichen Eschersheims, dem Lindenbaum. Eine U-Bahnstation heißt wie der Baum, auch die Trinkhalle trägt den Namen des Baumes der weit über 100 Mal in seinem Leben diese kleinen Propellerfrüchte über die Straßen verteilte. Seit 1996 betreibt Murat die Trinkhalle. Er setzt damit eine kleine Familiendynastie fort, sein Vater ist Pächter einer legendären Trinkstube in der Julius Brecht Straße. In der dortigen Nähe sah ein Freund von mir einen Hund aus einem Hochhaus auf die Straße fliegen,. In jener Gegend, in jener Stube sind härtere Bandagen gefragt, aber man lernt das Geschäft.
„Ich sag dir mal, was Du schreiben sollst: In jedem Kochbuch steht «Man nehme».“ In der rechten Hand hält er, ein Gast, dabei Produkte des traditionellen Kioskgewerbes. „Ja der alte Chef, der Mozzi, Gino Mozzi, der hatte einen 500er Fiat, mit dem isser dann jeden Sommer bis nach Italien. Irgendwann hat er sich ne Limousine gekauft, ein Jetta. Für den war das ne Limousine, der war ja nur so“, die Handkante stoppt auf Höhe seiner Brust.
Ich interessiere mich sichtlich für seine Fahrradlackierung, die mich an die Frisur von Rudi Völler erinnert. „Wie die Lackierung auf meinen Fahrradrahmen entstanden ist? Ganz einfach, meine Haare wurden über den Rahmen gelegt und pffff.“ Dabei gestaltet er pantomimisch eine Spraydose. „Der Sattel, du glaubst ja nicht wo der her ist, weißt Du wo der her ist, ach erzähl doch nix. Soll ich dir mal sagen, wo ich letztes Jahr war: Vogesen, von 1200m auf 400m bin ich mit der gebrochenen Felge gefahren, immer runter und das mit dem Anhänger, 25 Kilo. Und die Felge, mit Gewebeband hab ich die geklebt und das mit Anhänger.“


Nicht immer steht der Chef persönlich hinterm Tresen
 
Die Trinkhalle müsste aus den 1970ern sein, eckig, mit gelbweißen Fließen. Ein Wetterschutz schützt bis zu sechs sitzende Gäste. Dass der verbretterte Windschutz dabei den Eindruck einer zu groß geratenen Gesichtsmaske „zwei Fenster, alles dicht“ stört nicht. Die von Regen und Wind gegerbten philosophieren „So eine Tour, mit dem Fahrrad an die Trinkhalle, das sollte man unter medizinischen Gesichtspunkten planen.“ Um die Gemütlichkeit der Runde zu vertiefen einigen wir uns auf den Eschersheimer Shantychor als Verwalter der kulturellen Eigentums.“Auch in Rostock waren wir!“ Das war doch mal ein netter Ausklang na dann „machts gut, geht mit Gott oder geht mit Aristoteles.“

Trinkhalle am Lindenbaum, Eschersheimer Landstraße 482

1 Kommentar:

  1. Habe heute zum ersten Mal das Wasserhäuschen-Quartett gespielt und bin über die Website dazu auf Deinen Blog gestoßen. Super cool, gefällt mir echt gut!

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